Babyschwimmen allgemein

Sicherheitstraining in den USA meist im kalten Pool in voller Bekleidung

Sicherheitstraining in den USA meist im kalten Pool in voller Bekleidung

Es gibt weltweit unterschiedlichste Ziele und Aufgaben, die für Babyschwimmkurse bzw. das Säuglings- und Kleinkindschwimmen formuliert werden. Diese reichen vom Spaß an der Bewegung im Wasser über psychomotorische Frühförderung und frühes Schwimmenlernen bis hin zum Sicherheitstraining gegen Ertrinken. In Amerika gibt es im Bereich des Sicherheitstrainings sehr fragwürdige Konzepte.

Im Deutschen Schwimmverband wurde auf Initiative der Schwimmjugend das Zertifizierungsprogramm Säuglings- und Kleinkindschwimmen, kurz SKS, entwickelt. Die Definition zum Säuglingsschwimmen macht die Zielsetzung des DSV deutlich, die sich in den Lehrbriefen SKS findet: „Säuglingsschwimmen dient der gesunden körperlichen, motorischen, geistigen, seelischen und sozialen Entwicklung des Kindes. Es wird immer mit einer Kontaktperson, meist einem Elternteil, durchgeführt und betrifft Säuglinge und Kleinkinder vom dritten Lebensmonat bis etwa zum Ende des vierten Lebensjahres.“ Es wird also formuliert, dass es nicht um Selbstrettung oder frühkindliches Schwimmenlernen, sondern um die allgemeine und umfassende Entwicklungsanregung im Wasser geht. Dabei steht das Kind im Mittelpunkt.

Daraus kann man für unsere Begriffe deutlich die Handschrift des Autorenteams Lilli Ahrendt, Reiner Cherek und Dieter Graumann ablesen.

Stellvertretend wollen wir hier kurz die Ziele und Aufgaben des SKS aus Sicht von Lilli Ahrendt und Rainer Cherek darstellen:

Lilli Ahrendt formuliert 2001 in ihrer Dissertation: „Säuglingsschwimmen ist die fachlich angeleitete und elternbetreute Bewegung des Säuglings im Wasser in der Altersphase von der sechsten Lebenswoche bis zum Ablauf des ersten Lebensjahres. Die auf Frühstimulation zielgerichtete Unterrichtssituation und die gleichzeitige pädagogische Betreuung kennzeichnen das absichtsvolle und bewußte Tun der Eltern mit dem Säugling.“ Sie setzt demnach auf eine zielgerichtete Frühförderung, wobei uns in dieser Definition eine zu starke Elternbetonung zum Ausdruck kommt: Die Eltern bewegen das Kind im Wasser mit einer Vielzahl unterschiedlicher Griffe (In Ahrendts Veröffentlichungen finden sich 24.). Dabei beschränkt sie sich, geleitet durch den Begriff Säuglingsschwimmen, auf Kinder im 1. Lebensjahr. Wer mehr zu Lilli Ahrendts Konzept erfahren möchte, sei auf ihre Veröffentlichung „Säuglingsschwimmen“, erschienen im Meyer & Meyer Verlag, verwiesen.

Reiner Cherek rückt das Kind deutlicher in den Mittelpunkt, er fordert, „zum Wohlergehen der Kinder zu arbeiten und die Entwicklung der Kinder zu fördern“. (Cherek (a), S.3) Allerdings ist die Achtung des kindlichen Wohlergehens für uns, und (hoffentlich) alle Kursleiter, selbstverständlich. Im Rahmen des Zertifizierungsprogramms formuliert er: „Säuglings- und Kleinkinderschwimmen, so wie wir es verstehen, ist auf die Ganzheit der menschlichen Persönlichkeit gerichtet. Nicht die Verbesserung bestimmter motorischer Fertigkeiten steht im Vordergrund, sondern die Möglichkeit, durch Bewegungshandeln die gesamte kindliche Entwicklung zu fördern.“ (Cherek (b),S.1f.) Dabei wird auf folgende Punkte eingegangen:

  • Körperwahrnehmung und Entwicklung der Ich-Kompetenz (Erleben und Umgehen mit eigenem Körper)
  • Wahrnehmung und Umgang mit Materialien der Umwelt (Sach-Kompetenz)
  • Sozial-Kompetenz, Umgang mit anderen Menschen

Mit dieser Liste fordert Cherek ein sehr umfassendes Konzept und es ist verständlich, dass er es als ganzheitliches und psychomotorisches Frühförderungsprogramm versteht.

Unsere Auffassung von Babyschwimmen

Unserer Meinung nach ist Babyschwimmen für alle Beteiligten mit einem zeitlichen und organisatorischen Aufwand verbunden, dem auch ein Nutzen und angestrebter Erfolg gegenüberstehen sollten. Unser Gesamtkonzept beinhaltet Kurse für Babys von 3 Monaten bis nach dem 3. Lebensjahr, die kontinuierlich aufeinander abgestimmt sind. Die Übungen der Kurse bauen wie in einem Spiralcurriculum aufeinander auf, dennoch stehen auch bei unseren Kursen die Kinder mit ihrem Spaß und der Freude an ihrer Bewegung im Mittelpunkt. Die Freunde ist groß, wenn eine Übung zum wiederholten Male immer besser klappt.

Auch bei unseren Übungen wird die sensorische, motorische und in Folge psychomotorische Entwicklung gefördert, insofern schließen wir uns dem Konzept der Frühförderungen, wie es Ahrendt formuliert. Anders als bei Lilli Ahrendt folgen bei uns alle Kursteilnehmer einem festen „Übungsprogramm“, das von der Kursleiterin vorgegeben wird. Deshalb ist bei uns auch eine Organisationsform vorzufinden, die wir bisher kaum angetroffen haben: Die Mütter bewegen sich beim Großteil der Übung gehend im Kreis, die Kursleiterin befindet sich außerhalb des Beckens. Von dort hat sie jederzeit den Überblick über alle Kursteilnehmer, kann für alle gut verständlich Anweisungen geben und hat dennoch dadurch, dass die Mütter regelmäßig bei ihr vorbeilaufen, die Möglichkeit eine Einzelbetreuung zu gewährleisten.

In den angebotenen Übungen finden sich dabei jeweils bestimmte Förderschwerpunkte der kindlichen Entwicklung wieder (siehe Übungsvorschläge). Diese reichen von der sensorischen und motorischen Förderung bis hin zur Kontaktaufnahme mit anderen Kindern und dadurch der Entwicklung sozialer Kompetenz. Bei all diesen Zielen steht immer das Kind im Vordergrund. Auch die Eltern sollen sich auf ihr Kind konzentrieren können, für sie gibt es technisch nicht viel zu lernen. So werden bei uns auch nur 5 verschiedene Griffe benötigt, mit denen Kinder gehalten und gesichert werden. Die Mütter können sich voll auf ihre Kinder einlassen. Ein weiteres Ziel des Kurses kann angebahnt werden: Das Babyschwimmangebot fördert die Mutter-Kind Beziehung, das Kind macht mit seiner Mutter etwas gemeinsam. Die Mutter nimmt sich Zeit für ihr Kind (gerade bei Geschwisterkindern wichtig) und lernt das Kind besser kennen. Durch die intensive Beobachtung des Kindes lernt sie es zu verstehen und seine Äußerung, auch die der Körpersprache, besser einzuordnen.

Durch die verschiedenen Übungen werden auch bewegungsgehemmte Kinder angeregt, ihre Motorik zu schulen, was im Wasser, losgelöst von der Schwerkraft, ohne Belastung der Gelenke, gut gelingt. Auf die Förderung speziell förderbedürftiger Kinder wollen wir hier nicht näher eingehen, da wir nicht über ausreichendes Wissen der spezifischen Förderung verfügen. Allerdings wird uns von Eltern öfters berichtet, bei deren Kind Entwicklungsstörungen diagnostiziert worden waren, dass sich diese nach Aussagen ihres Kinderarztes durch Babyschwimmen positiv entwickelt haben.

Wir verfolgen durch unsere Kurse auch das Ziel, den Kindern Erfahrungen mit Wasser zu ermöglichen und damit erst gar keine Angst vor Wasser aufkommen zu lassen. Eltern verlieren auf diesem Weg auch häufig ihre Abneigungshaltung gegenüber dem Wasser, wenn sie sehen, welchen Spaß ihre Kinder im Wasser haben.

Für die Mütter ergeben sich aber auch gesundheits- und fitnessfördernde Aspekte. Viele Mütter stellen fest, dass das Babyschwimmen einen guten „Ersatz für das Fitnessstudio“ darstellt.

Alles in allem kann man nach dieser Ausführung feststellen, dass unser Babyschwimmkonzept auf eine allumfassende Förderung von Kindern und Müttern abzielt. Dies schließt auch den Sicherheitsaspekt ein, weshalb wir auch sehr bewusst an das Tauchen heranführen.

Quelle:

Bei diesem Text handelt es sich ums einen gekürzten Auszug aus: „Babys lernen Schwimmen – Motorische und sensorische Frühförderung durch Babyschwimmen“, Edelgard Behrje-Lieberknecht und Frank Lieberknecht, 2006